Gewalt an Frauen, Femizide – wen interessiert’s?

Alte Lahnbrücke Wetzlar. Foto: Irene Cunsolo-Hauptmann

Heute ist mal wieder der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Heute ist das Thema mal wieder in der Presse präsent. Pünktlich vor diesem Tag wurden gestern die neuen Zahlen über Partnerschaftsgewalt aus 2021 vom Bundeskriminalamt veröffentlich. Es hat sich nicht viel geändert, auch wenn offiziellen Zahlen leicht rückläufig sind (https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Partnerschaftsgewalt/Partnerschaftsgewalt_2021.html?nn=63476). Das täuscht. Die meisten Opfer gehen gar nicht zur Polizei, ihre Angst, dass eine Anzeige ihr Leben erst recht bedrohen könnte, ist viel zu groß.

Deutschland nimmt das Problem noch nicht ernst genug

Deutschland nimmt das Problem noch nicht ernst genug. Die Unterschrift unter der Instanbul-Konvention hat trotz anerkennungswürdiger Schritte noch zu wenig Wirkung gezeigt. Das hat ein unabhängiges Gremium des Europaterates in diesem Jahr gerügt, das die Umsetzung der Konvention überwacht (https://rm.coe.int/executive-summary-grevio-germany-in-german/1680a8693a).

Lahn-Dill-Kreis engagiert sich

Mit einer Kollegin fahre ich heute nach Wetzlar. Der Lahn-Dill-Kreis ist aktiv. Die Frauenbeauftragte des Kreises, Petra Schneider, hat vor dem Kreishaus mit ihrem Team gerade eine Fahne von „Terres des Femmes“ zum Erinnerungstag der Gewalt an Frauen gehisst. Anwesend waren zirka zehn Personen. Ab 13 Uhr steht Petra Hoffmann vom Gleichstellungsbüro der Stadt Wetzlar mit einem Stand auf der alten Altstadtbrücke und möchte Interessierte informieren.

Wen interessiert’s? Kaum jemand. Fast alle laufen vorbei. Um 17 Uhr versammeln sich immerhin 32 Personen, darunter auch ein Mann, um sich vom Club Zonta, der Polizei und dem Weißen Ring berichten zu lassen. Doch wo ist die breite Masse? Wen interessiert es, wenn Frauen gestalkt, misshandelt, ja, sogar getötet werden? Vergessen wir nicht: Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Mann oder (Ex-)Mann bzw. Partner getötet. In einer Stunde werden 13 Frauen in Deutschland misshandelt. In 2021 waren es 301 Femizide – plus 53 durch schwere Körperverletzung mit Todesfolge. 3.527 Frauen wurden gestalkt, im Verhältnis dazu waren es nur 91 männliche Stalkingopfer. Der Mitarbeiter des Weißen Rings, der einen kleinen Lichtblick vorstellt, nämlich eine neue entwickelte „No-Stalk-App“, erzählt, dass gerade mal 3 % der Stalker der Polizei bekannt werden. Das Leid in Deutschland ist schlimm. Und überall auf der Welt werden Frauen getötet und gequält, weil sie Frauen sind. Besonders dramatisch ist es aktuell im Iran.

Was können wir tun außer Petitionen zu unterzeichnen und uns zu solidarisieren mit den Frauen im Iran? Bei unseren Politikern bleibt es bei Appellen. Ich telefoniere gerade mit einer Iranerin, die in Deutschland lebt. Sie hat zusammen mit anderen im Frauenbüro des Lahn-Dill-Kreises einen offenen Brief formuliert an Außenministerin Baerbock und Bundeskanzler Scholz. Ihre dringendsten Wünsche: Die iranische Botschaft soll geschlossen werden und ihre Mitarbeiter nach Hause geschickt werden. Und ihr Geld soll eingefroren werden …

Danke an alle, die sich dafür stark machen, dass Frauen nicht weiter misshandelt und getötet werden!